Es ist schon länger her, aber vielleicht kann sich der eine oder andere noch an den Bericht im Möwenschiss „Einmal Schweiz und zurück“ erinnern? Es ging um Floorball-Leidenschaft und den Traum einmal im Ausland Floorball spielen zu können. Für mich ging dieser Traum im August letzten Jahres in Erfüllung.
Aber eins nach dem anderen, erste Kontakte in die Schweiz haben wir bereits bei einem Probetraining im Jahr zuvor gemacht. Die Chemie stimmte, das Umfeld in Winterthur auch und offensichtlich habe auch ich keinen ganz schlechten Eindruck gemacht, denn im Dezember 2019 erhielt ich ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk: meine nächste Saison kann ich beim HC Rychenberg in Winterthur spielen. Doch vor der Kür kommt bekanntlich die Pflicht. Zunächst musste erst einmal das Abi gemacht werden, diese Aufgabe wurde mit Erfolg erledigt, und eine Woche später ging es bereits in Begleitung von Stefan Erkelenz für ein kurzes Trainingslager zum HCR. Anschließend erhielt ich noch einen intensiven Trainingsplan, um mich in den Sommerwochen fit zu halten, diese Einheiten wurden zu Hause gefilmt und an meinen Trainer zwecks Korrekturen und wohl auch Kontrolle gesendet. Nebenbei musste geplant werden, denn ein Umzug in die Schweiz will organisiert sein. Vieles ist im Vorwege zu bedenken, mit der Wohnungssuche angefangen bis hin zur Frage, wo ich arbeiten werde, damit ich mir den schweizerischen Lebensstil finanzieren kann. An dieser Stelle gilt es anzumerken, dass das Leben in der Schweiz schon recht teuer ist, da bezahlt man locker mal so eben 7,00 CHF für eine Grillwurst, das sind umgerechnet etwa 6,50€. Die Wohnungssuche lief unter dem Motto: Nordlicht sucht Zimmer mit Aussicht. Dank der guten Unterstützung, die ich durch meinen neuen Verein bekam, habe ich eine nette Unterkunft gefunden und auch die Jobsuche gestaltete sich letztlich recht positiv.
Foto: HC Rychenberg
Anfang August 2020 ging’s dann los, mit Sack und Pack in Richtung Schweiz, genauer gesagt nach Wülfingen einem Vorort von Winterthur. Von nun an wurde der Traum im Ausland Floorball, nein, hier heißt es ja Unihockey, zu spielen Realität und es gab kein zurück mehr. Bereits zwei Tage später begann für mich das Training mit der „neuen“ Mannschaft, der U21A des HCR. Viele aus der Mannschaft kannte ich bereits von meiner Stippvisite im Juni, doch jetzt war es anders. Ich gehörte auf einmal offiziell zur Mannschaft und das fühlte sich gut an, nicht zuletzt, weil ich von Team und Trainerstab super aufgenommen wurde.
Es blieb nicht viel Zeit sich einzurichten und einzuleben – vielleicht auch gut so. Bereits eine Woche weiter begann für mich wieder die Schulzeit, dieses Mal allerdings auf der anderen Seite des Tisches. Ich habe eine Stelle als Lehrerassistenz an einer Privatschule bekommen, werde mit „Sie“ und Herr Dethlefsen angesprochen und zu allem Überfluss müssen die Schüler auch noch „Hochdeutsch“ mit mir sprechen. Mit meinen da 17 Jahren ist das schon komisch, aber es macht richtig Spaß auch mal die andere Seite im Schulalltag kennen zu lernen. Mein Arbeitstag beginnt täglich um 7.30 Uhr und endet an drei Tagen der Woche um 17.00 Uhr. Dienstags und mittwochs ist bereits um 13.00 Uhr Feierabend, sodass ich die Nachmittage für Krafttrainingseinheiten nutzen kann. Von Dienstag bis Donnerstag sind jeweils von 20.00 bis 22.00 Uhr die Trainingseinheiten des HCR angesetzt. Diese Trainingseinheiten finden immer in unterschiedlichen Hallen statt. Die größte Halle ist die AXA Arena (mit über 2.000 Plätzen). Hier finden auch unsere Heimspiele statt. In der Regel spielen wir vor dem Spiel unserer NLAMannschaft, sodass unsere Zuschauerzahl nicht unter 100 Personen liegt, häufig ist aber deutlich mehr los, trotz Pandemie.
Foto: HC Rychenberg
Die Saison startete in der Schweiz bereits Mitte August. Anders als bei euch in Deutschland war der Kontaktsport zu diesem Zeitpunkt schon erlaubt und es fanden an den Wochenenden insgesamt sechs Testspiele gegen Ligakonkurrenten als Saisonvorbereitung statt. Von diesen Spielen haben wir die Hälfte gewinnen können, sodass wir mit einem guten Gefühl in die Saison starten konnten. Am 12. September wurde es dann ernst. In unserem ersten Ligaspiel trafen wir auswärts auf Zug United. Dieses Spiel wurde leider mit 1:3 verloren, wir taten uns recht schwer, einer der wenigen Lichtblicke war mein „Einstandstor“. Unsere Heimspielpremiere hatten wir am folgenden Wochenende in der AXA Arena gegen Alligator Malans, indem wir auch unseren ersten Sieg eingefahren haben. Nach sechs Spielen lagen wir mit zwei Niederlagen und vier Siegen auf dem 4. Tabellenplatz und somit gut im Rennen. Kurz darauf, Anfang Oktober, wurde die Saison abgebrochen, aber anders als in Deutschland konnten wir eigentlich durchgängig trainieren. Von März bis Mai konnten wir dann zusammen mit sieben weiteren Mannschaften aus unserer Liga die U21A Spring League bestreiten, erst im Finale wurden wir gestoppt und landeten recht unglücklich auf dem zweiten Rang.
Auch in der kommenden Saison werde ich in Winterthur spielen, im Moment stehen wir mitten in der Saisonvorbereitung. Wenn ein wenig Zeit ist, dann treffen wir uns am Wochenende gerne zum Street- Floorball und zwischendurch lasse ich mich auch noch hin und wieder in Deutschland sehen, um an den Trainingslagern der U19-Nationalmannschaft teil zu nehmen. Die Saison beginnt für mich Ende August in Brno / Tschechien mit der U19-Weltmeisterschaft. Anschließend geht es recht schnell in den Ligaalltag, hoffentlich können wir dann endlich eine komplette Saison bestreiten. Falls es euch interessiert, wie es mir ergeht, Liveticker, Spielpläne und Ergebnisse und gelegentlich einen Livestream findet ihr unter www.swissunihockey.ch oder ihr kommt einfach mal vorbei, denn Platz in der AXA Arena haben wir ja.
Foto: HC Rychenberg
Viele Grüße an Euch Storms, egal ob Mitspieler, Trainer oder besonders unsere U11er und U13er und ein großes Dankeschön an dieser Stelle noch einmal an Stefan Erkelenz, Philippe Soutter und alle die mir dieses Abenteuer möglich machen.
~ Birger Dethlefsen